Zwangsversteigerungen und der Markt für Wohnungen am Beispiel Dortmund
Der Immobilien- Brief Ruhr Nr. 24 3.8.2012
Dr. Gudrun Escher
Vor dem Hintergrund eines weitgehend stabilen Marktes eröffnen nach Meinung der Argetra GmbH die aufgerufenen Verkehrswerte interessante Perspektiven.
Das Mietwohnungsangebot im Geschosswohnungsbestand in Dortmund betrug nach Auskunft des Wohnungsmarktberichtes der Stadt Dortmund 2011 insgesamt ca. 222.000 Wohnungen, davon 28.810 geförderte Mietwohnungen. Eigentümer dieser Wohnungsbestände seien zu 70 % Klein- und Einzeleigentümer, denen oft die finanziellen Möglichkeiten und/oder das Knowhow für Investitionen zur Sanierung oder Weiterentwicklung von Wohnquartieren fehlten. Daneben wirke sich das Verhalten „neuer Wohnungsmarktakteure“ in den letzten Jahren immer negativer auf die Qualität des Geschosswohnungsbestandes aus. Dortmund zähle zu den mit am stärksten von Wohnungsverkäufen und den daraus resultierenden negativen Auswirkungen betroffenen deutschen Städten. Beides, finanzschwache Einzeleigentümer und opportunistisch ausgerichtete Investoren, führt dazu, dass immer wieder Eigentumswohnungen und Mehrfamilienhäuser auf den Markt kommen.
Das Geschehen am Dortmunder Wohnungsmarkt ist von Konstanz auf niedrigem Niveau bestimmt. Zwar schrumpft die Bevölkerung nur minimal (580.444 Ende 2010) dank positiver Wanderungsbilanz, aber die Zahl der Haushalte steigt weiter an (2010 um 1.000 gegenüber dem Vorjahr), d.h. der Bedarf wächst. Entsprechend der seit 2007quartierspezifisch durchgeführten Bestandsanalysen betrug die gesamtstädtische Leerstandsquote 3,2 % Ende 2010, allerdings mit sehr unterschiedlicher Verteilung. Erfreulicherweise gesunken sei der Leerstand in der Nordstadt, einem Stadtteil mit besonderem Erneuerungsbedarf, und an der Rheinischen Straße, hier wohl auf die Aufwertung des Umfeldes durch den Dortmunder U-Turm und die umgebenden Neubauten zurück zu führen. Dennoch halten sich nach Auskunft des Wohnungsamtes die Preise von neu gebauten wie gebrauchten Eigentumswohnungen auf konstantem Niveau. Bestandseigentumswohnungen kosteten mit 1.090,00 Euro/qm im Durchschnitt nur etwa halb so viel wie Neubauwohnungen.
Diese Einschätzung bestätigte die LEG Management GmbH in ihrem Wohnungsmarktreport 2011 für ganz NRW (Aktualisierung wird zur Expo Real 2012 erwartet). Hier findet sich Dortmund im Marktzyklus für Eigentumswohnungen im Abschnitt „verlangsamter Rückgang“ ganz unten, d.h. mit der Option künftiger Preissteigerung, bei aufgerufenen mittleren Angebotspreisen von 1.094 Euro/qm (Spanne von 380 bis 2.088 Euro/qm nach Lage und Qualität). Ähnliches gilt für Mehrfamilienhäuser mit 682 Euro/qm im Median. In beiden Sektoren rangiert demnach Dortmund gemeinsam mit Duisburg und Gelsenkirchen am unteren Ende der Skala der zwölf einwohnerstärksten Städte in NRW.
Ein anderes Marktindiz sind die Zwangsversteigerungen. Das Wohnungsamt registrierte für 2010 nach dem merklichen Anstieg des Vorjahres mit 441 wieder eine rückläufige Tendenz, aber die Zahl der tatsächlich durchgeführten Versteigerungen sei auf 224 angestiegen. Im Vergleich der letzten Jahre könne von einem konstant hohen Niveau der Termine gesprochen werden. Den räumlichen Schwerpunkt mit einem Drittel aller Termine bildete nach wie vor der Stadtbezirk Innenstadt-Nord.
Der Frage, welche Schlüsse sich für Kauf- bzw. Bietinteressenten daraus ziehen lassen, hat sich der Spezialist für Immobilienversteigerungstermine Argetra GmbH, Ratingen, gewidmet und erstmals exemplarisch für Dortmund die Verkehrswerte analysiert. Während der Finanzkrise seien Immobilien oftmals sehr niedrig bewertet worden. Mit diesem einmal festgesetzten Wert gehen die Objekte jetzt Jahre später in die Versteigerung, obwohl die Immobilien bis heute möglicherweise eine erhebliche Wertsteigerung erfahren haben. „Genau diese wichtige Differenz erfahren Sie von uns. Private und institutionelle Investoren, die jetzt erwerben wollen haben die Möglichkeit, zu echten Schnäppchenpreisen zu ersteigern“, so der Geschäftsführer Axel Mohr.
Die aufgerufenen Verkehrswerte für alle Eigentumswohnungen in Dortmund seien seit Jahren von knapp 800 Euro auf 683 Euro gefallen. Noch deutlicher sei der Rückgang bei Wohnungen größer 100qm, hier fielen die Preise pro qm von Spitzenwerten von über 1050 Euro auf zuletzt ca. 800 Euro. „Ersteigert man heute z.B. eine Wohnung mit über 100qm Wohnfläche, so liegen die aufgerufenen Verkehrswerte ca. 400 Euro unter den Werten, die aktuell gutachterlich festgelegt würden. ( Grafik 2 ca. 1200 Euro -Grafik 1 ca. 800 Euro ) Somit ist der Markt in Dortmund bei den Gutachten aus den Jahren der Finanzmarktkrise bezogen auf den Verkehrswert fast 30 % unterbewertet. Der Zwangsversteigerungs- Eigentumswohnungsmarkt erreicht wieder die Werte von 2007. So haben wir mindestens stabile Märkte mit aufsteigender Tendenz in den letzten 3 Jahren. Damit dürfte z.B. bei Banken die Diskussionen um weitere bilanzielle Abwertungen, wie man sie nach Grafik 1 vertreten könnte, vom Tisch sein.“
Argetra folgert daraus:
· Wohnungen in Dortmund können preiswert ersteigert werden, sogar, wenn diese zum oder über dem Verkehrswert zugeschlagen werden. Nur sollte der Wert lt. Grafik 2 nicht überschritten werden.
· Banken sehen häufig nur die fallenden Volumen der aufgerufenen Verkehrswerte. Im Detail gab es aber deutliche Wertaufholungen, die den Abschreibungsbedarf reduzieren, oder zumindest weitere Abschreibungen verhindern.
· Bei so deutlichen Wertentwicklungen könnte ein neues Gutachten dem Schuldner und dem Gläubiger helfen, den Versteigerungserlös zu erhöhen.
mit Konsequenzen für:
Banken und Versicherer
· Bei der Frage, ob man dort noch neue Finanzierungen bewilligt oder ggf. weitere Abschreibungen nötig sind, wenn man die Entwicklung in die Zukunft fortschreibt.
Portfoliobewerter und –aufkäufer,
· Interessant ist die Frage, wie hoch der Erlös einer Immobilie in der Zukunft sein wird. Dabei ist der heutige Verkehrswert der Immobilie unter Berücksichtigung der Verwertungskosten, der Dauer des ZV-Verfahrens je Amtsgericht und dem Renditeanspruch zu bereinigen, um einen Barwert zu ermitteln. Auch bei gutachterlicher Bewertung sind die ZV-Werte als worst-case Ansatz von Bedeutung.
Private und institutionelle Investoren
· Unter Betrachtung unterschiedlicher Wertentwicklung der Wohnungsgrößen kann die Investition in zwei kleine Wohnungen z.B. sinnvoller sein, als in eine Große.
Privatpersonen
· Schon bei der Vorbereitung auf einen Termin ist bekannt, dass der aufgerufenen Verkehrswerte so niedrig ist, dass man selbst bei Zahlung des Verkehrswertes bei sofortigem Wiederkauf Gewinnrealisierungspotentiale hat. Denn die Wertansätze sind aufgrund ihres Alters unterbewertet.